Corona-Kindheit

Corona hat leider immer noch kein Ende genommen. Bei uns sind noch alle vier ungeimpft und die Inzidenz bei unter 15 Jährigen ist in unserer Stadt aktuell bei über 400. Deshalb ist Nr 12 seit drei Wochen wieder im Homekindergardening und M. hat ihre Elternzeit verlängert. Das ist finanziell schwierig, aber wir sind privilegiert genug, das mit einigen Einschränkungen zu schaffen. Dafür sind wir zutiefst dankbar, da nicht jede*r diese Chance hat.

Seit unserem letzten Beitrag hatte es Nr 12 geschafft, den Sprung in die Mittagsbetreuung (Essen, Geschichte, Schlafen) bis 14 Uhr zu machen. Ab kurz vor Weihnachten musste sie dann wieder um 12 Uhr abgeholt werden, da nur noch diejenigen Kinder mit in die Räumlichkeiten gehen sollten, deren Familien keine andere Möglichkeit haben. Das war für uns voll in Ordnung. Zumal der Kindergarten auch Anfang Dezember zum ersten Mal in Quarantäne musste wegen eines (symptomlos) erkrankten Geschwisterkindes. Dieses Hin und Her macht Nr 12 (und uns allen) sehr zu schaffen. Solange sie aber immerhin den Vormittag im Kindergarten noch hatte, ging es ihr gut. Sie war bewegt, hatte ihre sozialen Bedürfnisse nach bspw Rollenspielen erfüllt und konnte sich am Nachmittag auf Nr 3 einlassen.

Aktuell leiden hier beide Kinder sehr unter der Corona Situation. Sie haben Angst, wenn andere Menschen in unsere Nähe kommen, mit denen wir uns nicht getroffen haben, sie vermissen es, ihre Omas und Opas ohne Pulli oder Handschuh dazwischen an der Hand halten zu können (sie sind aber immerhin bald geimpft. Puh) und wir können noch nicht mal mehr in den Zoo und eine Außenspielanlage gehen, weil dafür nun offizielle Tests benötigt werden (wo wir aktuell nicht wissen, wie wir das auch noch leisten sollen) obwohl dort alles draußen und mit Maskenpflicht ist. Das ist wirklich enorm belastend und einschränkend.

Positiv ist, dass wir unsere Nachbar*innen mit Kind in Nr 3s Alter im Oktober kennengelernt haben und uns seitdem mindestens einmal die Woche mit ihnen draußen zum Spielen treffen. Das tut allen drei Kindern sichtlich gut und wir sind sehr sehr dankbar dafür.

Unsere Kinder tragen seit letztem Jahr anstandslos ihre Masken. Letzten April haben sie geübt und durften sie auch wieder absetzen, wenn es ihnen zu viel wurde und seit letztem Mai fordern sie selbst die Masken ein und lassen sie anstandslos auf. Wir haben ihnen kindgerecht erklärt, dass sie mit den Masken andere Menschen beschützen. Das ist für sie grundlogisch und sie finden es ebenso unlogisch und rücksichtslos wie wir, wenn jemand nicht kurz seine Maske richtig aufsetzen kann im Supermarkt. Und seit Ende 2020 kennen sie das Wort „Pimmelnase“, weil wir unseren Frust nicht immer so verbal im Griff hatten. 🤭

Seit Januar ungefähr haben wir für die Kinder auch Ffp2 Masken, die mit passender Stoffmaske darüber auch anliegen und sie so auch etwas schützen in den Situationen, wo sie eben mit müssen (Ärztin, Toilette im Zoo, usw). Leider gibt es für Kinder allgemein nicht so perfekt passende Ffp Masken.

Ein Spiele-Update haben beide Kinder auch hingelegt. Sie können nun gelegentlich miteinander Rollenspiele spielen. Das ist eine riesen Erleichterung, weil wir währenddessen mal unseren Tee oder Kaffee trinken können (in warm und sitzend). Außerdem haben wir nun zahlreiche Brett-und Kartenspiele, die wir mit den Kindern spielen können. Und seit ein paar Wochen besitzen wir eine Switch, die wir uns über Babysachen verkaufen finanzieren konnten. Nr 12 spielt darauf mit Begeisterung das einfache Paw Patrol Spiel und auch schon Super Mario mit der einfachsten Figur. Außerdem schauen beide Kinder gerne K. beim Spielen zu.

Seit einer Woche kommt nun noch Lego hinzu. Beide Kinder spielen sehr vertieft mit K. zusammen damit. Und alle drei freuen sich riesig daran 😍. So langsam führen wir Nr 12 an das Bauen nach Anleitungen heran und Nr 3 spielt und baut frei und kann sich dabei völlig vertiefen.

In Ermangelung von sozialen Herausforderungen im Kindergarten, übt Nr 12 verstärkt andere krasse Sachen. Bspw wollte sie letzte Woche „alleine zu Hause bleiben“ üben. Das ging für uns Eltern zum Glück (Dank K. im Homeoffice im anderen Stockwerk) völlig tiefenentspannt. Bei meinem ersten Gang mit Nr 3 zur Bäckerei, rief Nr 12 zwischendurch per Videoanruf an, weil sie sich gruselte und kam uns anschließend entgegen gelaufen (wir waren schon in Sichtweite des Hauses). Danach schickte sie uns noch mal zum Briefkasten und als wir wieder kamen war alleine bleiben schon gar nicht mehr so gruselig gewesen.

Nächste Herausforderung, die sie sich suchte und meisterte war „alleine im Kinderzimmer einschlafen und schlafen“. Das hat sie tatsächlich geschafft und ist erst wieder gegen halb eins ins Mami-Bett zurückgekehrt.

Wir sind sehr gespannt, wie es weitergeht, erwarten aber keine Kinder schützenden Maßnahmen durch politische Entscheidungsträger*innen mehr, sodass wir uns und unsere Kinder selber schützen werden müssen. Denn unsere Überlegung ist: was würden wir den Kindern in 10-15 Jahren auf die Frage antworten, warum wir sie nicht vor Long-Covid, PIMS oder einer schweren und für sie belastenden Erkrankung eines Elternteils beschützt haben, obwohl wir es konnten?

Happy Birthday Nr 3

Nun ist es tatsächlich schon ein Jahr her, dass Nr 3 sich auf die Welt kämpfte und wir uns danach gemeinsam ins Leben.

Das letzte Jahr war voller Krisen und gemeisterter Hürden, leer an Schlaf, voller wachsender Liebe und sehr sehr anstrengend. Das anstrengendste Jahr unserer Erwachsenenleben. Gleichzeitig auch das mit den größten Entwicklungssprüngen.

Von vorne: unsere geliebte Nr 3 kam gerade noch so als Frühchen auf die Welt – bei 36+6. Sie* musste danach auf die Neonatologie und wurde ein paar Stunden beatmet und zwei Tage lang dort überwacht. Anschließend ging es mit M. gemeinsam auf die Kinderstation, einen Tag später auch noch wegen Gelbsucht unter die Bili-Lampe. Ein Meilenstein war das erste Stillen ohne Hilfe am 1.1.2019 mit Feuerwerk vorm Krankenhausfenster. Am 2.1. ging es dann zum ersten Mal nach Hause. Dort wurde dann am 3.1. Nr 12s zweiter Geburtstag in ganz kleinem Kreis gefeiert.

Nr 3 war und ist ein viel schreiendes Baby. Die ersten sechs Monate übererfüllte sie* alle Kriterien eines Schreibabys und hatte es mit ihrem Bauch echt sehr schwer.

Mitte März – mit 2,5 Monaten – testeten M. und Nr 3 dann die nächste Krankenhausstation im Isolierzimmer mit dem RS-Virus. Es hatte uns alle erwischt, nur Nr 3 bekam am wenigsten Luft, weshalb es in die Notaufnahme ging. An einer Magensonde schrammte sie um wenige Stunden nichts trinken vorbei und die Sauerstoffunterstützung half ihr sehr. Auch die Beziehung zwischen M. und Nr 3 war nach der vielen Exklusivzeit deutlich besser.

Und weil es nicht so oft gesagt wird: die Betreuung auf allen Stationen war fantastisch! Was die pflegenden Personen dort in Unterbesetzung und an Feiertagen leisten ist bombastisch beeindruckend. Wir werden für immer dankbar sein!

M. hatte sehr lange damit zu kämpfen, Nr 3 nicht richtig annehmen zu können. Die „Schuld“ für das scheiß Geburtserlebnis gab sie ihr* (zur Erinnerung: M. wachte am 26.12. ohne jegliche Erinnerung an die Geburt ohne Baby im Bauch auf der Intensivstation auf), haderte mit dem vielen Gebrüll und der Veränderung der Familie und dem Verlust der Eingespieltheit um die gefühlsstarke Nr 12. Außerdem musste M. sich körperlich erholen, was ca 9 Monate dauerte, bis es ihr einigermaßen passabel ging und sie auch alle Erinnerungen wieder abrufen konnte (keine direkten Geburtserinnerungen, aber Gesichter und Namen waren wieder da).

Mit der Mobilität von Nr 3 erfolgte eine erneute Entthronungsphase von Nr 12. Nr 3 war nun für sie eine „Diebin“, die potentiell Spielzeug wegnehmen konnte – zusätzlich zum Aufmerksamkeits“diebstahl“. Das waren lange, anstrengende und für Nr 3 gefährliche Wochen, bis Nr 12 diese Veränderung annehmen konnte und ihr anschließend viel mit der Spielzeugversorgung half und auch wieder Mitgefühl äußern konnte.

„Zwischendurch“ das Abstillen von Nr 12, was der größte Kampf ihres Lebens war. Sie trauerte und kämpfte wie ein Mensch auf Entzug in Lebensgefahr. Sie „konnte“ nicht schlafen. Auch mit stillen schon nur sehr schlecht, nun gar nicht mehr. Es scheiterte deshalb auch unser geplanter Urlaub.

Zu unserem größten Glück durften wir im August eine bindungsorientierte, wunderbare Familienberatung genießen. Wir lernten, mehr auf unsere erwachsenen Bedürfnisse zu achten (eigentlich logisch, in der Umsetzung allerdings nicht immer so einfach) und Nr 12s Wutausbrüche nicht ständig verhindern zu wollen. Nach einigen Wochen pendelte sich Nr 12s Nachtschlaf auf ein erträgliches Maß ein, sodass K. „nur“ noch eine lange Einschlafbegleitung hat, aber immerhin selbst seit September oft zu Schlaf kommt, der auch erholt.

Nr 3 schläft weiterhin Zahnungsschmerz-bedingt so unruhig, dass M. nicht mehr kann vor Schlaflosigkeit. Selbst mit Schmerzmitteln für Nr. 3 ist der Schlaf noch immer nicht so, dass er erholsam wäre für M. (bitte keine Tipps hierzu!)

Seit ihrem* zehnten Lebensmonat in etwa, gebärdet Nr 3 erfolgreich und nimmt aktiv am Familienleben teil. Sie* spielt mit Nr 12, reicht uns Sachen, macht Quatsch, grinst schelmisch und untersucht alle Krümel auf unserem Boden. Seit vier Wochen läuft Nr 3 an der Hand und mit dem Lauflernwagen und quietscht dabei vor Vergnügen.

Wir lieben sie* sehr. Aus tiefstem Herzen. Sie* ist jetzt so richtig bei uns angekommen. ❤️

Schon sechs ein halb Monate zu viert

Nach einer längeren Pause mal wieder ein kleines Update von uns.

Das Leben hat uns gerade voll im Griff. Unsere gefühlsstarke Nr. 12 läuft leider mit leerem Tank herum, weil Nr. 3 noch immer ein Schreibaby ist und deshalb viel von der Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, die Nr. 12 brauchen würde zum Erholen von allem Erlebtem. Hinzu kommt, dass K. ihre klare Nr. 1 Elternperson ist, die aber leider arbeiten muss. So schreien, prügeln, wüten, trösten wir uns durch die Tage. Was wir natürlich auch machen, ist spielen, erkunden, lesen uvm.

Nr. 3 nimmt zunehmend am Alltag teil, erzählt mit uns, reagiert auf uns, spielt begeistert mit ihren* Sachen (sofern sie ihr* nicht von Nr. 12 entrissen werden, ohne dass ich es verhindern kann), schreit viel und mag mich immer, wirklich immer in ihrer* Nähe haben. Das ist äußerst ungewohnt für mich, da es ja bei Nr. 12 umgekehrt ist und war. Dieses Nummer 1 sein für ein Kind ist voll krass. Da ich beide Perspektiven kenne, muss ich sagen: nein, für mich ist es absolut kein Trost, wenn mir jemand sagt, dass doch Nummer 2 sein auch schon toll und schön und manchmal auch viel entspannter ist. Ja, es bringt ein paar persönliche Freiheiten mit sich, dafür aber auch viele Einschränkungen: ich darf nicht immer trösten, ich bin die Abreagierperson, ich kann das Kind nicht richtig auftanken usw. All das wiegt für mich schwerer, als ein paar freie Minuten. Nun mag das für andere anders sein, für mich aber eben nicht.

Ich schieße jetzt mal die Veränderungen in unserem Leben einfach so raus, ohne roten Faden, da ich nicht ganz so viel Zeit zur Verfügung habe:

Nr. 12 ist seit zwei Wochen abgestillt. Entschieden haben wir das, weil K. kurz vorm Zusammenbruch war und ist. Nr. 12 hat nachts bis auf ein, vielleicht zwei Stündchen dauergestillt. Dadurch konnte K. nicht sonderlich viel schlafen und es tat ihr auch einfach weh. Vor ca. fünf Wochen haben wir versucht, „sanft“ nur sechs Stunden in der Nacht abzustillen, sodass Nr. 12 zum Einschlafen und Aufwachen, sowie nach der Arbeit, wenn K. nach Hause kam, noch stillen konnte. Leider war dadurch ein so krasser Ausnahmezustand, dass wir alle null komma null geschlafen haben. Irgendwann stellte sich heraus, dass Nr. 12 Angst hatte, dass K. stirbt, und sie dann nie wieder stillen kann. Diese existenzielle Angst schwebte den ganzen Tag über ihr und sie tat alles, wirklich alles, um nur nicht einzuschlafen. Einmal ist sie vor Müdigkeit sogar einfach umgeplumpst. Als wir das verstanden hatten, haben wir beschlossen, einen radikalen Cut zu machen. Das hat sie auch umgehauen und sie kämpft hart dagegen an, aber es ist nun ein Trauern und keine Angst mehr und auch die Panikattacken sind weg. Damit werden wir noch eine Weile zu tun haben. ABER Nr. 12 schläft nun nachts viel besser. Wenn sie denn mal eingeschlafen ist. Das fällt ihr nämlich noch immer immens schwer. Zur Zeit fährt K. jeden Abend eine Runde mit ihr im Fahrradanhänger, weil sie dort sicher einschläft, trägt sie dann ins Bett und dann können beide halbwegs schlafen. Nr. 12s Kopf ist einfach immer übervoll, sie nimmt alle Reize auf und die bleiben alle in ihrem Kopf drin. Um diesbezüglich für etwas Entspannung zu sorgen, haben wir alle Nachmittagsaktivitäten gestrichen, fangen ab 16 Uhr das ruhige Runterkommprogramm an und hoffen dann, dass sie zwischen 17:30-19 Uhr irgendwann einschläft ohne Streit und Klopperei.

 

Nr. 3 und ich stillen tatsächlich immer noch. Das ist für mich ein kleines großes Wunder nach unserer Geburtsgeschichte. Sie* nimmt auch tatsächlich nichts anderes mehr als meine Brust. Das ist unpraktisch, aber damit kann ich leben. Immerhin wollte ich stillen und spare mir so nachts das Aufstehen und auch das Mitnehmen von einem Fläschchen, wenn wir unterwegs sind. Ich fühle mich diesbezüglich wirklich sehr mit Glück überhäuft, da es einiges vereinfacht. Ich kann Nr. 3 einfach unbemerkt im Tuch stillen, während ich mit Nr. 12 spiele, turne, die Welt entdecke. Das viele Schleppen (zumal auch Nr. 12 oft noch getragen werden möchte = zusammen 20+kg) ist anstrengend für meinen Rücken, aber da ich mit jeder Woche immer fitter werde, ist es erträglich. Und bald ist ja Nr. 3 auch groß genug, dass ihr Gewicht mehr auf der Hüfte sitzt.

 

So, Schreibzeit vorbei, Nr. 3 weint.

 

PS: Nr. 12 kommuniziert sehr genau, dass sie die weiblichen Pronomen bevorzugt, deshalb bei ihr kein * mehr. Natürlich experimentiert Nr. 12 trotzdem auch mal mit anderen Pronomen und Namen. Sie sagt uns immer bescheid, wie wir sie nennen sollen. In 95% der Fälle sind das ihr Name und die Pronomen sie/ihr.

Nr. 3 kann uns das noch nicht sagen, deshalb bei ihr* ein Sternchen. Das Sternchen bedeutet für uns, dass das Pronomen von außen vorgegeben ist und nicht selbst gewählt (da es noch nicht kommuniziert werden kann).

Wrumm?

Die meistgestellte Frage von Nr. 12 😉 Ja, warum eigentlich? Warum gibt es Nr. 3? Warum hat Opa sein Brötchen aufgegessen? Warum gibt es Länder? und so weiter. Es ist sehr spannend mit Nr. 12 zur Zeit. Oft sind die Fragen nämlich auch philosophisch oder nicht so einfach zu beantworten, sodass wir viel lernen können. Weiterlesen

Vom Traum in die Realität

Triggerwarnung: Geburtstrauma, Krampfanfall

Zu aller erst war da der Traum von der Hausgeburt. Von der selbstbestimmten Geburt in sicherer Umgebung, wo Nr 12 auf Wunsch dabei sein könnte, aber zumindest kurz nach der Geburt schon ihr Geschwisterkind kennenlernen kann. Und auch ich (M.) wäre nicht länger als die Geburt eben dauert von Nr 12 getrennt. Weiterlesen